Spiterstulen - Glitterheim: 18 km Fjell, Gletscher und Schneewüste
Da das Frühstück erst relativ spät um 8 Uhr serviert wird, packen wir Alles vorher und gehen gestiefelt und gespornt rüber zum Haupthaus, um uns für die kommende Tour zu stärken. Das Buffet ist umwerfend: vielseitig, reichhaltig, unerschöpflich, köstlich. Besonders erwähnenswert ist neben dem obligatorischen Geitost (Ziegenkäse) eine porridge-ähnliche Masse, die bei den norwegischen (und den vorhandenen britischen) Gästen starken Zuspruch erfährt. Zusammen mit einem Löffelchen Zimtzucker und/oder etwas Erdbeermarmelade scheint es morgens außer Kaffee nichts anderes zu geben, womit man Norweger richtig glücklich machen kann.

Für die Thermoskannen gibt es in den bewirtschafteten Hütten einen Füllservice, wenn man diese bis 22 Uhr des Vortages leer an einen bestimmten Platz gestellt hat. Man kann die Getränke wie z.B. Tee, Kaffee, Wasser, Saft kalt oder warm bekommen. Frank empfiehlt mir warmen Saft, der sich nach dem ersten Schluck als heißer, stark gesüßter schwarzer Johannisbeersaft entpuppt. Der ist, wie wir später immer wieder feststellen, bei den Pausen im Freien schlichtweg hervorragend. Im normalen Alltag könnte man ihn wahrscheinlich bestenfalls als Klebstoff nutzen.

Heute ist der Himmel mal nicht ausschließlich blau, sondern es sind von Westen kommend einige Wolken zu erkennen. Glücklicherweise wollen wir nach Osten laufen. Es ist dann im Laufe des Tages tatsächlich so, dass wir vor uns immer stahlenden Sonnenschein haben, beim Blick zurück jedoch zum Teil recht dunkle Wolken drohen und die Stimmung und Eindrücke wieder trolliger werden. Hinzu kommt noch, dass etwas Wind aufkommt, der für uns günstig von hinten weht. Zuerst müssen wir aber ca. 400 Höhenmeter von der Hütte im Tal hinauf auf's Fjell steigen. Die Spur verläuft steil am Berghang und ich ziehe recht bald die Felle wieder auf. Trotzdem muss ich noch ziemlich viel kanten und bei relativ wenig Schnee wird dieser Aufstieg die anstrengendste Strecke unserer Tour. Oben angekommen können wir uns nach einer kurzen Stärkung wieder den endlosen Schneeflächen widmen und endlich wieder gleitend weiterkommen. Vor uns ist bereits der höchste Berg Norwegens zu erkennen: der Glittertind mit 2472m. Unsere Loipe lässt ihn aber links liegen und führt uns auf mehrere Gletscherzungen zu, von denen aber nur einige wenige Eisstrukturen aus den Schneeflächen herausragen. Zusammen mit den Wolken und dem Wind werden die Verhähltnisse einen Hauch rauher und bewirken schon, dass wir uns für die große Pause hinter einem Stein zusammenkauern und nicht länger als unbedingt nötig dort verweilen. Wie muss es sein, wenn das Wetter richtig schlecht ist, oder wenn gar Schneesturm herrscht? Im wahrsten Sinne des Wortes: unvorstellbar. Ich glaube, man muss Tee und Nahrung im Laufen zu sich nehmen, weil man anderenfalls schlichtweg festfriert.

Egal, für uns gestalten sich die nächsten 2-3km wieder als das pure Vergnügen, da es wunderschön durch super weichen Schnee bergab geht, ohne dass wir groß Schwünge machen oder uns sonst wie zurückhalten müssen. Ich Lediglich einmal, als ich einen weiten Bogen von der Loipe weg über unberührte Schneeflächen schlage, erfordert eine große Mulde eine schnelle Ausweichreaktion, da sie direkt zu dem Schmelzwasserfluß zuführte, der offensichtlich auch im Winter nicht vollständig zufriert. Also schnell wieder zur Loipe zurück und schön gesittet weiter an den Stöcken entlanggelaufen. Das Gelände ist halt doch unbekannt. Die schrofferen Berge mit ihren zwischgelagerten Gletschern lassen wir jetzt hinter uns und laufen weiter durch eine offenere und weniger stark strukturierte Moränenlandschaft. Direkt vor uns erhebt sich daraus nur noch ein hoher Berg: der Nautgardstinden mit 2258m. Wir befinden uns jetzt auf ca. 1400m Höhe. Nachdem wir den nächsten Bergrücken umrundet haben, liegt vor uns im weiten Tal die nächste bewirtschaftete Hütte Glitterheim fast zum Greifen nahe. Dennoch dauert es noch gut eine Stunde, bis wir am Ziel ankommen.

Die Haupthütte ist wirklich super: wir teilen uns in der ersten Etage ein geräumiges 4-Bett Zimmer mit einem Norweger, der mit Holzskiern, Zelt, Kocher und Verpflegung die harte Variante einer Winterwanderung probt. Unter dem Dach gibt es einen super Trockenraum für die Klamotten und Schuhe. Die Duschen (sogar heiß!) und WC's sind im Keller und im Erdgeschoss befinden sich der Empfang, die Küche, der Speisenraum und ein obergemütliches Kaminzimmer mit viel Platz, einer Bibliothek, bequemen Sesseln und großen Fenstern. Einziger Nachteil: Es gibt keine Waffeln. Na ja, wir nehmen beide alternativ ein Stück Torte zum Kaffee. Während wir so dort gemütlich und genüsslich sitzen, beginnt langsam das Nachglühen des Tages in unseren Gesichtern, das seinen Höhepunkt zum Abendessen in einem dunkelbraunrot gefärbten Gesicht findet. Frank und mir geht's wirklich gut!

Beim Abendessen stellen wir dann fest, dass die Hütte gut belegt ist: 30-40 Leute sitzen mit uns im Speiseraum und lassen sich das wirklich gute Essen mit Vorsuppe, Salat, Hauptgericht und Nachtisch schmecken. Mit einem Becher Kaffee in der Hand gehen wir anschließend in das Kaminzimmer rüber, in dem der Hüttenwirt schon ein Feuer entfacht hat und sitzen noch ein Weilchen träumend und sinnierend vor der prasselnden Schönheit, bis uns die Augen zufallen. Es ist schon wieder spät am Abend und längst Schlafenszeit: 21 Uhr ...
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Jotunheimen

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Weite...

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Nautgardstinden 2258m üNN

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Glitterheim

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