Abreise der Sausetrolle, Gjendesheim - Gjendebu: 18 km über den Gjendesee....
6 Uhr morgens und der Bus fährt ab und verschwindet laut brummend im Sjoatal. Er ist noch lange als einziges Geräusch zu hören. Kåre und Eva verabschieden sich auch von mir, sie wollen sich noch ein wenig auf's Ohr legen. "Viel Spaß" und "God tur" wünschen sie mir noch und "Nachher werden wir uns ja wohl nicht mehr sehen". Es wird still um mich herum und ich trotte ziemlich verschlafen wieder zur Hütte zurück, nicht ohne ein- zweimal wieder bis zu den Knien im Schnee zu versinken.

Jetzt erstmal ordentlich frühstücken, dann schnell die Hütte saubermachen, die Sachen gepackt und schon gehts auf die Loipe, ein Traum wird wahr: die Hüttentour beginnt. Das Frühstück ist ziemlich klasse und ich genieße die Ruhe. Der anschließende Abwasch ist schon nicht mehr so spannend - wer hat eigentlich all den Dreck gemacht?? Die Uhr geht langsam aber sicher auf 8 zu und eigentlich will ich jetzt los. Aber halt, erst noch packen und fegen und wischen. Beim Packen kriege ich schon die erste Kriese: wieso habe ich so viel mitgenommen, der Rucksack läßt sich kaum noch schließen und beim Rübertragen in den Vorflur hebe ich mir fast einen Bruch. Ach ja, die Schuhe nicht vergessen, da ist auch noch das zweite Paar Stöcker.

Beim Fegen frage ich mich, ob die ganzen Wollmäuse wirklich von uns kommen, oder ob sie nicht schon ein paar Jährchen auf dem Buckel haben. Ach ja, den Kamin nicht vergessen - mist, den hätte ich mal vor dem Fegen saubermachen sollen. Langsam aber sicher werde ich unruhig (und auch wieder müde), ich will jetzt endlich los und Frank kratzt mit den Skiern bestimmt auch schon im Schnee und fragt sich, wo ich denn wohl bleibe.

Bis ich alles fertig habe und das Gepäck nach draußen trage ist es kurz vor 11 Uhr und ich bin völlig genervt. Den Preis für die sauberste Hütte 4 seit Jahren kann ich nicht mehr entgegennehmen, ich breche so schon fast unter der Rucksacklast zusammen. Außerdem komme ich mir mit dem zweiten Paar Stöcker, das ich am Rucksack befestigt habe, vor wie ein Autoscooter. Ach ja, fast hätte ich noch die paar Kleidungsstücke und die Handtücher aus dem Trockenraum vergessen. Egal, auf das ein oder andere Pfund mehr auf dem Rücken kommt es jetzt auch nicht mehr an.

Ich wundere mich nur, dass die Skier überhaupt noch rutschen und sich nicht unter dem Gewicht einfach in den Boden bohren. An der ersten Strauchdurchfahrt kurz hinter den Pferden bleibe ich natürlich prompt mit den Stöckern in den Bäumen hängen. Für die 3 km bis Gjendesheim brauche ich etwa eine Stunde und ich bin völlig fertig, als ich ankomme.

Frank ist guter Dinge, es macht ihm überhaupt nichts aus, dass es so spät geworden ist, er hat sich beim Frühstück nett und länger mit anderen Gästen unterhalten und ist mit dem Packen auch noch nicht fertig. Ich flöhe den Inhalt meines Rucksackes nocheinmal komplett auseinander und trenne brauchbare von unbrauchbaren Sachen. Nachdem diese Nachlese vollbracht ist, läßt sich der Rucksack relativ entspannt anheben und ich sehe der Tour wieder mit positiven Gefühlen entgegen. Gut, dass wir das Gepäck, das wir nicht brauchen, in Gjendesheim lassen können und dass wir eine Rundtour geplant haben. So gegen 12 Uhr sind wir fertig und trinken noch einen letzten Kaffee bevor wir uns wieder in die Bindungen schwingen.

Das Wetter ist gar nicht mehr Kaisermäßig wie am Vortag und es beginnt leicht zu schneien. Aber die Wolken sind klein und zwischendurch sind immer kleine blaue Löcher zu sehen. Immerhin weht es nicht. Die Biegung des Sees bei Memurubu ist deutlich zu sehen und wir sind beide gespannt, wie die Welt dahinter aussieht. Aber die Biegung will und will einfach nicht näher kommen. Die erste Rast machen wir nach 6 km an der Stelle, wo das Leirungsdalen auf Höhe der Besseggen-Grates an den Gjendesee stößt. Ich bin schon richtiggehend fertig, die kurze Nacht, der anstrengende Vormittag und das doch ungewohnte Gewicht auf dem Rücken machen sich deutlich bemerkbar. Mit den Schaufeln graben wir uns gemütliche Sitze in den Schnee und die Pause mit Nüssen, Trockenobst und warmen Getränken gibt uns wieder Kraft. Nach einer weiteren Unendlichkeit erreichen wir den Seeknick und blicken gespannt um die Ecke. Leider ist das Ende des Sees nicht zu erkennen, da es im Dunst von Wolkenschichten versteckt ist. Also müssen wir weiterhin ohne Ziel vor den Augen über den damit endlos wirkenden See laufen. Der Blick zu den Seiten und auch nach hinten auf die 2258m hohe Besshøe entschädigt aber dieses kleine psychologische Manko.

Nach insgesammt 6 Stunden erreichen wir ziemlich kaputt die unbewirtschaftete Hütte Gjendebu und sind froh, dass eine Gruppe von drei Frauen aus Edinburgh die Hütte schon eingeheizt hat. Wir nehmen das noch freie Zimmer in Beschlag, hängen unser nassen Kleider im Gemeinschafts- und Ofenraum auf und brechen erstmal auf den Sitzmöbeln zusammen. Frank ist noch etwas fitter als ich und bereitet uns aus einer Globetrotter- Tüte ein köstliches indisches Reisgericht mit Hühnerfleisch, welches ich nur noch halb komatisch zu mir nehmen kann. Irgendwie schaffe ich es hinterher, meinen Schlafsack zu finden und total erschöpft aber glücklich und zufrieden einzuschlafen, während Frank den Abwasch macht. Morgen Abend übernehme ich den Küchendienst und was für ein schöner Tag und die restlichen Sausetrolle schippern jetzt schon irgendwo zwischen Dänemark und Schweden über die Ostsee sind die letzten Gedanken, als ich so gegen 21 Uhr problemlos einschlafe...
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Memurubu...
was liegt hinter der Biegung?

hinter der Biegung...
kein Ende in Sicht.

Blick zurück auf die Besshøe




See, See und kein Ende...
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